Lala Idrisse hat sich das Nischen-Genre „Gentle Femdom“ auf die Fahnen geschrieben. Das bedeutet: Dominanz ohne die Lederkluft und Unterwerfung ohne Peitsche. Wir sagen euch, weshalb und wie das funktioniert.
Wir möchten als kleinen Disclaimer vorausschicken – und werden dies sicherlich im ganzen Artikel deutlich machen – dass keine von Lala Idrisses Fußfetisch Geschichten und keines unserer Postings, kein Beitrag, kein Bild als „Kritik“ am BDSM, dessen Look, der Community oder Menschen mit einer anderen Meinung zu diesem Thema ist. Wir gehen schlicht und einfach unseren eigenen kinky Weg.
Die Aggression des klassischen BDSM
Wer lange genug sucht, wird Fetisch-Outfits, Toys und Mobiliar in allen Farben finden. Es dominiert jedoch das Schwarz, das Weiß und immer wieder ein Klecks Rot. Es wird mit Nieten und Stacheln gearbeitet, mit Korsetten und Ketten. Kurzum: BDSM sieht bewusst einschüchternd, bedrohlich und aggressiv aus. Das ist Absicht, schließlich soll die dominante Person Erhabenheit ausstrahlen und in gewissen Grenzen sogar Angst machen. Die submissive Person soll schon an ihrer Nacktheit, garniert mit erniedrigender Kleidung oder nur den fesselnden Seilen und Ketten, erkennbar sein. Oder am Gegenteil: Wer komplett in einem Latexsuit samt Maske verschwindet, dem wird auf spielerische Weise sehr viel Menschlichkeit genommen.
Kleider machen Leute – und nirgends wird das so deutlich wie im BDSM. Die Domina in ihrem wallenden Ledermantel, die dunklen Handschuhe eines Meisters, das Halsband der Sklavin, das viel zu knappe Latexhöschen des Sklaven: Hier wird sehr viel nonverbal kommuniziert. Und Kommunikation ist ein Schlüsselkonzept von BDSM & Fetisch-Erotik.
BDSM ohne Lack, Leder & Latex
Die Figuren in Lala Idrisses toll bewerteten Büchern nutzen mitunter die Spielzeuge des BDSM, doch tragen so gut wie niemals dessen Insignien. Hier gibt es keine hohen Stiefel, keine Korsette, keine Latexhandschuhe. Die Sklaven sind zu Beginn der Geschichten in Alltagskleidung unterwegs, bevor sie sich vor den dominanten Damen entblößen dürfen. Es gibt einzelne Szenen, in denen Halsbänder und Hundeleinen sowie Intimschmuck Verwendung finden. Im Fokus steht der Fußfetisch. Materielle Fetische wie Leder oder Latex hat die Autorin bis dato nicht bearbeitet.
BD ohne SM oder SM ohne BD?
Der Grund hierfür ist ein sehr simpler: Es gefällt ihrem Ehemann und ihr mehr, in Alltagskleidung dominiert zu werden und zu dominieren. Das schlägt sich in ihren Büchern nieder – und findet in der seit 2018 stetig wachsenden Fangemeinde großen Anklang.
Ein Effekt dieser Erzählmethode und dieser Ästhetik ist eine immer mitschwingende Zugänglichkeit ihrer Bücher für Neulinge in der Fetischwelt. Wer auf die mitunter aufwändigen Kostüme verzichtet, der spart sich schließlich auch deren Beschreibungen voller szenelastiger Begriffe. Wer ein BDSM-Buch von Lala Idrisse lesen will, der braucht kein Vorwissen in der Materie. Eine überaus neugierige Leserschaft, die beginnt auf eigene Faust mehr zu entdecken, landet irgendwann beim klassischen BDSM – und das ist toll, das ist so gewollt und eine erwartbare Entwicklung.
Es gibt kein „Stattdessen“
In der erotischen Welt der Autorin Lala Idrisse gibt es frech-dominante Damen und schüchterne, devote Männer. Ihre Handlungen versuchen nicht, den Look des klassischen BDSM und Fetisch durch etwas „normal aussehendes“ zu ersetzen. Die stattfindenden Spiele sind absoluter BDSM und astreiner Fetisch. Es liegt ein großer Fokus auf der verbalen und psychologischen Komponente dieser Erotik; so wird beispielsweise sehr viel gesprochen und per deep talk erforscht. Es geht um die große Geste der Dominanz und Unterwerfung. Das heißt nicht, dass die Peitsche gegen einen Alltagsgegenstand eingetauscht wird oder die dominante Lady hier mit dem Kochlöffel zu Werke geht.
Der Stil von Lala Idrisse ist indirekt in seiner Erotik. Da klicken die High-Heels im Gang und verursachen schon Sekunden vor dem Eintreffen ihrer Besitzerin großes Herzklopfen. Hier wird mit Sicherheit jemand an der Hundeleine geführt, doch das durch einen blühenden Park. Hier wird entschieden erniedrigt, doch mit der Selbstverständlichkeit einer liebevollen Herrin. Ein beinahe drohendes, besitzergreifendes Streicheln ist manchmal besser platziert als eine Ohrfeige – so funktioniert Lala Idrisse.
Ein Zitat aus MEDUSA von Lala Idrisse
Die beste Beschreibung für das, was wir in diesem Artikel versuchen zu erklären, hat Lala Idrisse selbst geliefert. In ihrem Roman MEDUSA unterhalten sich die weibliche und die männliche Hauptfigur über die „Wurzeln“ des BDSM und dessen Look. Wir wollen Kontext geben, ohne zu spoilern: Die dominante Lady Jana möchte ihr kinky Unternehmen bekannter machen. Die Lösung scheint in den Fähigkeiten eines Spezialisten für die Suchmaschinenoptinierung zu liegen. Dieser ist ein höflicher, etwas nerdiger Mann namens Peter Wartmann, der natürlich sofort überprüft hat, ob es überhaupt schon irgendetwas über Frau Janas Business im Internet zu finden gibt. Die Szene, die gleich zu lesen ist, findet während eines ersten Treffens der beiden Figuren statt.
„Ich habe Sie recherchiert. Es gibt Einträge in geschlossenen Foren, die mir erlaubten die ersten zwei Beiträge zu lesen, bevor ich an die Member-Wall stieß. Viele glauben, Sie seien ein Marketing-Gag der Dominas in der Stadt.“
Jana verstand und lachte, „ah, die ruchlose Lady Regina Sadistica Maxima und die gar gnadenlose Herrin Bernadette of Painville, ja. Die beiden Damen haben nichts mit uns zu tun. Sie kennen uns, doch sie vertreten eine sehr klassische Auffassung ihres Berufes.“ Peter runzelte die Stirn. Jana zwinkerte, „klassische Dominanz. Eine Stunde Auspeitschen kostet hundertfünfzig, mit Gasmaske und Fixieren am Pranger noch einen Fuffi mehr. Wenn du mehr Haut als eine entblößte Kniescheibe zwischen meinem pechschwarzen Lederdress und den Reitstiefeln sehen willst, fangen wir bei zweihundert an zu diskutieren, Jungchen.“ Sie deutete breit lächelnd eine peitschende Bewegung mit ihrer Hand an, „peng, wusch!“
Peter lachte, „ich verstehe. Missbilligen Sie das?“ Jana schüttelte den Kopf, „nein. Es sind unsere Wurzeln. Die rohen, sich mit Nieten und Stacheln gegen eine verstockte Gesellschaft wehrenden Ursprünge. Ein bisschen zu dunkel, ein bisschen zu abweisend, ein bisschen zu viel Bikerlook, doch notwendig. Ich bin mir sicher, jeder Kunde der beiden erwähnten Damen ist überaus zufrieden und glücklich.“ Er glaubte, sie zu verstehen und räusperte sich: „Jedenfalls gibt es nicht mehr als Mutmaßungen über Ihr Haus und Sie, Frau Jana. Ich halte das für eine gute Ausgangsposition.“ Sie nahm einen Schluck Kaffee und runzelte die Stirn in den aus der Tasse steigenden Dampf hinein, „mh? Sollte es uns nicht um Sichtbarkeit gehen?“

Du wirst Medusa förmlich verschlingen, wenn du sanfte Dominanz und weibliche Füße liebst, versprochen!
Unser Fazit zu BDSM & Fetisch ohne den BDSM & Fetisch Look
Um es mit einem alten Credo von uns zu sagen: Tragen wir den Fetisch aus dem Keller, hinein in die Salons der Republik. Wichtig ist, was zwei (oder mehr!) liebenswürdige Menschen miteinander spielen wollen. Wie sie dabei gekleidet sind, ist immer ihnen überlassen. Lala Idrisse – und wir in ihrem literarischen Fahrwasser – hat sich entschieden, einen ganz eigenen Weg zu gehen. Und er kommt toll an.
Danke fürs Lesen!
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