Unter der zärtlichen Berührung eines sanften Windhauchs wogte der blaue Vorhang, der auf ihre geräumige Terrasse führte. Ein kristallklarer Bergsee lag spiegelglatt in der Mitte des kleinen, abgeschiedenen Tals, das man von ihrem Ferienhaus einsehen konnte. Mächtige Tannen säumten die rauen Berge ringsum. Sie hatte mir den Namen dieses Ortes nicht verraten, denn es war ihr Platz. Ihr Heiligtum. Sie bewegte sich in diesen Wäldern so selbstverständlich wie ein Falke zwischen seinen Wipfeln, sie ging sicheren Schritts auf dem kleinen Steg, der einige Meter weit in den Bergsee hinein führte. Vielleicht war sie hier aufgewachsen oder als Kind schon ein paar mal hier gewesen. Mir schien, als brachte dieser Ort ihr so viel Liebe entgegen wie ich. Ich beneidete und bewunderte ihn für diese Eigenschaft zugleich.
Sie hatte mich hierher gebracht.
Vergangene Nacht hatte sie nur wenig Lust auf mich gehabt, doch das verstand ich gut. Die Fahrt war lang. Wir schliefen früh ein und wurden von der Sonne am frühen Morgen geweckt.
Wir brauchten wenige Worte, um zu kommunizieren. So begannen wir den Tag langsam und in einer verdienten Trägheit, die diesem Ort würdig war. Ich schob einen großen, hölzernen Liegestuhl mitten auf die Terrasse, wo die Sonne die meiste Zeit des Tages scheinen würde. Marie lehnte wissend lächelnd in dem dunkelbraunen Türrahmen hinter mir und beobachtete mich. Ich erwiderte ihr Lächeln gerne. Sie zwinkerte, biss sich still auf die Lippen. Eine Geste, von der sie wusste, dass sie mich in die Knie zwang. Marie trug den Morgenmantel, den sie mir schon in unserer ersten Nacht mit der Selbstverständlichkeit einer Frau gestohlen hatte. Er stand ihr bedeutend besser als mir. Ihr Haar tanzte im nach Blüten duftenden Wind und ihr tiefschürfender, kluger Blick traf den Meinen. Sie hob ihre Tasse und bewegte sie leise. Ich nickte wortlos, nahm die Tasse entgegen und trat an ihr vorbei, hinein in das Haus. Ich hörte ihre Schritte auf den Holzbohlen der Terrasse. Sie legte sich in den Liegestuhl, den ich bereitet hatte.
Ich brachte ihr ein paar Minuten später eine frische Tasse Kaffee. Sie nahm sie lächelnd entgegen und entdeckte dabei ein kleines, rotes Mal über meinem Bauchnabel. Sie neigte den Kopf und streckte den Arm aus. Ich beugte die Knie, damit sie mich berühren konnte. Ihr Finger fuhr über meine Haut und ich glaubte, unter ihrer Berührung zu verbrennen. Ihr Blick fragte.
“Der Kaffee”, sagte ich zärtlich, “die Maschine spritzt.”
Sie seufzte leise und senkte ihren Arm auf die Lehne des Liegestuhls, zweimal mit den Fingern auf sie tippend. Mein Zeichen. Ich ging neben ihr in die Knie und setzte mich dann vollends zu ihrer Seite. Maries Hand fuhr über meine Schultern und meine Brust, während sie die Augen schloss und den Kopf nach hinten sinken ließ. Meine Sonne schien. Ihre Hand berührte mich, spielte für die Zeit eines Lidschlags mit meinen Brustwarzen und amüsierte sich daran, dass sie sich versteiften. Die Augen geschlossen, doch mit neckisch herausgestreckter Zunge hob sie ihren Fuß in die Luft und wackelte in süßer Forderung mit den Zehen. Ich schickte mich an, in Richtung des Fußendes der Liege zu krabbeln, doch ihre Hand ergriff mein Kinn. Sie hatte die Augen geöffnet und blickte mich an. “Danke”, erinnerte ich mich unseres liebsten verbalen Rituals, “dass ich dir die Füße küssen darf.” Marie lächelte und ließ mich los.
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